Tipps für ein nachhaltiges Zuhause

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie regelmässig Tipps für ein nachhaltiges Zuhause.

Ja, gerne

«Virtuelle ZEVs werden die klassische Variante mehrheitlich ablösen»

Themen in diesem Artikel

Stand

GettyImages 2155104725 1

Gemeinsam von lokal erzeugtem Strom profitieren – der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch, kurz ZEV, macht genau das möglich. Wie funktioniert ein ZEV und gibt es bestimmte Voraussetzungen dafür? Matteo Goldschmid und Tom Fehr vom Schweizer Energielösungsanbieter enido beantworten im Interview die wichtigsten Fragen rund um das Thema.

Matteo Goldschmid und Tom Fehr, was versteht man genau unter einem Zusammenschluss zum Eigenverbrauch, kurz ZEV?

TF: Einfach erklärt handelt es sich bei einem ZEV um einen Zusammenschluss mehrerer Parteien, die lokal erzeugten Strom gemeinsam nutzen wollen – meistens in einem Mehrfamilienhaus.
 
MG: Das lässt sich in der Praxis an folgendem Beispiel veranschaulichen: Der Eigentümer eines Mehrfamilienhauses lässt eine Photovoltaikanlage auf dem Dach installieren. Im Gebäude wohnen fünf Mietparteien, die vom erzeugten Strom profitieren und diesen auch direkt vor Ort verbrauchen möchten. Der Vermieter und die Mieterinnen und Mieter können sich dann zu einem ZEV zusammenschliessen. Auf diese Weise sparen sie bei der Stromrechnung, da sie den erzeugten Solarstrom direkt nutzen. Der Hauseigentümer wiederum steigert die Rendite seiner Photovoltaikanlage, indem er den erzeugten Strom an die Mieterinnen und Mieter verkauft.

photovoltaikanlage funktion ersparnis und aufbau von photovoltaik

Das kommt beim Bau einer Photovoltaikanlage auf dich zu

Wie PV-Anlagen funktionieren, wie sie aufgebaut sind und was du bei der Anschaffung beachten musst.

Zum Artikel

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein ZEV möglich ist?

MG: Ob Privatperson oder im Gebäude ansässiges Unternehmen: Bis Ende 2024 musste der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch immer am gleichen Netzanschlusspunkt und auf der gleichen Parzelle erfolgen – also im gleichen Gebäude. Eine Ausnahme von dieser Regelung bestand dann, wenn mehrere Häuser auf derselben Parzelle an denselben Netzanschlusspunkt angeschlossen sind. Dies kommt jedoch nur selten vor.
 
TF: Eine weitere Voraussetzung war, dass das Einverständnis aller beteiligten Parteien erforderlich war: Wenn beispielsweise von fünf Mietparteien vier für den ZEV und nur eine dagegen war, liess sich der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch nicht umsetzen. Dies ist auch eines der Hindernisse, das dazu geführt hat, dass der Zusammenschluss zum Eigenverbrauch seit seiner Einführung im Januar 2018 bislang noch keine breite Anwendung gefunden hat.

Warum ist diese Zustimmung von Bedeutung?

MG: Wenn du als Mieterin oder Mieter einem ZEV beitrittst, trittst du aus der Grundversorgung aus und löst im Zuge dessen deinen Vertrag mit dem lokalen Elektrizitätswerk auf. Du beziehst deinen Strom fortan überwiegend aus der Stromquelle des ZEV, zum Beispiel einer PV-Anlage. Sollte der Eigenverbrauch nicht ausreichen, wird ergänzender Strom aus dem öffentlichen Netz bezogen. Statt von deinem lokalen Elektrizitätswerk erhältst du dann die Stromrechnung neu von der ZEV-Betreiberin beziehungsweise dem ZEV-Betreiber, meistens also von der Hauseigentümerin beziehungsweise dem Hauseigentümer. In dieser ist ersichtlich, wie viel Strom du aus der PV-Anlage verbraucht und wie viel du zusätzlich aus dem Netz bezogen hast.
 
TF: Ein weiterer anfänglicher Nachteil war auch, dass Kosten für den Einbau der entsprechenden Messinfrastruktur anfallen: Sämtliche Stromzähler mussten ausgewechselt werden. Der vom Netzbetreiber installierte Zähler wurde entfernt, und ein privater Zähler wurde eingebaut. Die Kosten dafür hatte die Betreiberin oder der Betreiber zu tragen. Wichtig: Dies betraf nur klassische ZEVs; für virtuelle ZEVs gibt es jetzt andere Regelungen.

Virtuelle ZEVs sind im Zuge des 2024 verabschiedeten Stromgesetzes seit Januar 2025 möglich. Was kann nun ein virtueller ZEV, kurz vZEV?

MG: Während klassische ZEVs räumlich eingeschränkt sind – gleicher Netzanschlusspunkt, gleiche Parzelle –, gilt dies bei virtuellen ZEVs nicht mehr. Es ist also eine räumliche Ausweitung möglich: Ein Mehrfamilienhaus kann beispielsweise neu zusätzlich auch die Parteien im Nachbargebäude auf der Parzelle nebenan mit Solarstrom versorgen. Einschränkendes Kriterium bei einem virtuellen ZEV ist, dass die beteiligten Gebäude denselben Verteilkasten im Quartier nutzen müssen.
 
TF: Seit 2025 sind Elektrizitätswerke zudem verpflichtet, die Verbrauchs- und Produktionsmessdaten zur Verfügung zu stellen. ZEV-Betreiberinnen und ZEV-Betreiber müssen somit neu nicht mehr von Grund auf eine teure Zählerinfrastruktur aufbauen. Stattdessen können sie die bereits installierten Smart Meter des Elektrizitätswerks für die Abrechnung nutzen. Die Zähler bleiben unverändert im Einsatz, was die Einstiegshürde deutlich senkt. Zudem entfällt die Notwendigkeit, dass alle Beteiligten zustimmen, da die Abrechnung künftig über denselben Zähler läuft.

Diese Neuerungen beziehen sich jetzt nur auf den virtuellen ZEV – was bedeutet das für den klassischen ZEV?

MG: Beim klassischen ZEV bleibt alles beim Alten – die Zustimmung sämtlicher beteiligter Parteien ist beispielsweise weiterhin vonnöten. Aufgrund der vorhin genannten niedrigeren Einstiegshürden beim virtuellen ZEV gehen wir jedoch davon aus, dass diese die klassische Variante mehrheitlich ablösen werden.

GettyImages 1522812472 1 v2

Mehr zum neuen Stromgesetz

Das Energiegesetz erleichtert und beschleunigt den Ausbau von erneuerbaren Energien in der Schweiz. Warum das für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer von Bedeutung ist.

Zum Artikel

Stellen wir uns nun eine Siedlung mit mehreren Einfamilienhäusern vor. Ein Haus hat dabei eine Photovoltaikanlage auf dem Dach. Wie kommt dann die Nachbarschaft an diesen produzierten Strom?

MG: In einer solchen Siedlung wird diese PV-Anlage – es können durchaus auch mehrere sein – in den virtuellen ZEV integriert. Voraussetzung ist auch hier, dass die beteiligten Gebäude denselben Verteilkasten im Quartier nutzen. Der produzierte Strom wird idealerweise zunächst den Eigenverbrauch der Hauseigentümerschaft mit besagter PV-Anlage decken. Überschüssiger Strom wird dann automatisch an die anderen Mitglieder des ZEVs – in diesem Fall die Bewohnerinnen und Bewohner der umliegenden Häuser – verteilt.
 
TF: Wenn kein Überschuss vorhanden ist, beziehen die Nachbarinnen und Nachbarn ihren Strom wie gewohnt aus dem öffentlichen Netz. Die Abrechnung erfolgt innerhalb des ZEVs.

Wie verhält es sich bei einem Mehrfamilienhaus mit Stockwerkeigentümerinnen und Stockwerkeigentümern?

TF: Bei einem Mehrfamilienhaus ist die Funktionsweise zwar ähnlich, aber organisatorisch etwas komplexer: Der Strom wird zuerst an die einzelnen Wohnungen verteilt, entsprechend deren Verbrauch. Überschüsse werden in das Netz eingespeist oder weiteren ZEV-Mitgliedern, beispielsweise im Nachbarhaus, zugeteilt. Wenn die PV-Produktion jedoch nicht ausreicht, beziehen alle Wohnungen den fehlenden Strom aus dem öffentlichen Netz.
 
Alle Stockwerkeigentümerinnen und Stockwerkeigentümer beziehungsweise alle Mietparteien erhalten dann eine individuelle Abrechnung, die auf dem individuellen Verbrauch und dem Anteil des PV-Stroms basiert. Auch hier erfassen Smart Meter den Stromverbrauch und die Verteilung innerhalb des ZEVs, was eine transparente Abrechnung ermöglicht.

Sind nebst einem Smart Meter weitere technische Anforderungen notwendig, um einen virtuellen ZEV zu betreiben?

TF: Nebst dem bereits erwähnten Smart Meter ist eine Abrechnungs- und Datenmanagement-Plattform Voraussetzung, auf der du als ZEV-Betreiberin oder ZEV-Betreiber die Abrechnungen deiner Mitglieder erfassen kannst. Ebenfalls erforderlich ist eine zuverlässige Kommunikationstechnologie inklusive einer stabilen Internetverbindung, damit der Datenaustausch reibungslos funktioniert.

Das angenommene Stromgesetz sieht weiterhin vor, dass ab Januar 2026 auch Gründungen von lokalen Elektrizitätsgemeinschaften – abgekürzt LEG – möglich sind. Inwiefern unterscheiden sich diese vom klassischen und virtuellen ZEV?

MG: Zunächst ist es wichtig zu erwähnen, dass bezüglich LEGs noch keine genauen Gesetzesbedingungen feststehen; eine notwendige Verordnung ist auch noch nicht verabschiedet. Wir können aber kurz beschreiben, was der geplante Entwurf einer lokalen Elektrizitätsgemeinschaft ist:
 
Eine LEG geht noch einmal eine Stufe weiter als der klassische und virtuelle ZEV: Mit LEGs soll es möglich sein, sogar über mehrere Netzebenen hinweg zu operieren und so eine noch grössere Anzahl an Parteien einzubinden. Laut Entwurf können diese dann räumlich weiter verteilt sein und sich auf Teile einer Gemeinde oder sogar das ganze Gemeindegebiet erstrecken.

Was möchtet ihr abschliessend Hauseigentümerinnen und Hauseigentümern mitteilen, die sich für eine Teilnahme an einem ZEV interessieren?

MG: Eine projektspezifische Beratung ist von grosser Bedeutung – die lokale Situation vor Ort gibt dabei den Ausschlag. Unser Ansatz bei enido beginnt mit der Optimierung des Eigenverbrauchs vor Ort: Zunächst analysieren wir, welche Geräte und Systeme bereits im Gebäude vorhanden sind – etwa eine Wärmepumpe – und wie man diese optimal ins Gesamtsystem integrieren kann. Dabei berücksichtigen wir auch die Steuerung der grossen Verbraucher und die Nutzung von Überschüssen, etwa durch Batteriespeicher.
 
ZEVs und LEGs bieten im Anschluss zusätzliche Möglichkeiten, die Überschussproduktion noch besser zu nutzen – das macht das Ganze für Hauseigentümerinnen und Hauseigentümer noch spannender.

Experten im Interview: Matteo Goldschmid und Tom Fehr

Matteo Goldschmid ist eines der drei Gründungsmitglieder von enido und verantwortet dort die Bereiche Finanzen und Operations. Mit seiner Expertise begleitet er Solarprojekte von der Planung bis zur Umsetzung.

Tom Fehr bringt seine technische Expertise im Projektengineering ein. Mit seinem Know-how sorgt er dafür, dass technische Details präzise aufeinander abgestimmt sind und die Projekte erfolgreich starten können.

Mehr über enido erfährst du auf folgender Webseite:

www.enido.ch

Solarrechner v1 500x500 Pos

Solarrechner: Berechne deine Solaranlage

Finde mit wenigen Angaben und Klicks heraus, wie deine Solaranlage aussehen könnte, welche Investitionskosten voraussichtlich auf dich zukommen und wann sie sich amortisiert.

Jetzt berechnen

Artikel teilen

War dieser Artikel hilfreich?

Danke für dein Feedback!

Es ist ein Fehler aufgetreten. Bitte versuche es später erneut.